Das lang ersehnte Gold

Das lang ersehnte Gold

Am 1. Mai wurde in Luleå Geschichte geschrieben, nach ganzen 29 Jahren hat Luleå Hockey das zweite Gold der Geschichte geholt. Und wir waren dabei.

Aber lasst mich etwas ausholen. Das erste und bisher einzige Gold gab es 1996. Seitdem hat die Mannschaft es hin und wieder mal ins Finale geschafft aber das war es auch. In der Saison 2019/2020 hatten wir eine Super Saison. Haben die Grundserie ueberragend gewonnen und hatten wirklich die besten Chancen, auch das Endspiel zu gewinnen. Aber aufgrund Corona gab es in diesem Jahr kein Endspiel. Die nächste heisse Chance gab es dann 2022. Da war Luleå auch im Finale, verlor aber das alles entscheidende letzte Spiel und wurde nur Zweiter. Das Schlimme ist, man verlor das Spiel zu Hause, es gibt doch nichts Schlimmeres als wenn der Gegner in der eigenen Halle sein Gold feiert.

Wer meinen Blog schon etwas länger liest weiss das wir damals vergeblich versucht haben Karten fuer die Finals zu bekommen. Daher hat Sven sich nach dieser Saison dafuer entschieden, Jahreskarten zu kaufen. Denn da hat man auch im Endspiel ein Recht auf seinen Platz. Und das war auch gut so. Denn Hockey ist mittlerweise so gross geworden das man gar keine Jahreskarten mehr kaufen kann. Die Arena fasst 6150 Zuschauer und daher hat man die Dauerkarten auf 4000 begrenzt. Ich glaube, diese Saison war die erste wo es mehr Interessenten fuer eine Jahreskarte gab als es Karten gab. Und nun, nach dem Gold, ist das Interesse noch grösser, nun stehen 1000 Leute auf einer Warteliste fuer eine Dauerkarte. Nur es werden ja kaum welche frei, die Meisten verlängern ihre ja. Wie gesagt, alles richtig gemacht das wir damals in der grössten Enttäuschung ueber das verlorene Finale trotzdem die Dauerkarten gekauft haben.

Ja und dieses Jahr war es mal wieder soweit, Luleå war im Endspiel nachdem man die Grundserie auf dem zweiten Platz beendet hatte (was eigentlich verwunderlich war, gefuehlt haben wir doch ziemlich oft verloren. Sven hat schon immer gescherzt, das Luleå Hockey wie eine Hummel ist, ihr wisst schon kann nicht fliegen tut es trotzdem.)

Ja, im Viertelfinale ging es gegen Växjö. Gegen diese Mannschaft hatten wir es noch nie leicht und gegen die sind wir letztes Jahr im Viertelfinale rausgeflogen, ziemlich deutlich sogar und am Ende gingen dieses Jahr ganze 3 Spiele in die Verlängerung. Trotzdem konnte Luleå diese Serie mit 4:1 in Matchen fuer sich entscheiden (eine Serie ist immer best aus 7, also wer zuerst 4 Siege hat ist ne Runde weiter, eine Runde besteht also aus mindestens 4, maximal 7 Spielen).

Im Halbfinale ging es gegen Frölunda. Auch so eine Mannschaft gegen die es nicht leicht werden wuerde. Aber gut, nun waren ja auch nur noch die besten 4 Mannschaften im Rennen, da kann es nicht mehr leicht sein. Auch diese Serie war sehr ausgeglichen, hier kam die Wende im Prinzip mit diesem einen Spiel wo Luleå bis ca. 1,5 Minuten vor Ende zurueck lag, dann aber noch den Ausgleich schaffte und in der 3. Verlängerung gewann (ich glaube ich hatte sogar hier im Blog davon berichtet). Luleå gewann das Halbfinale mit 4:2 in Matchen.

Und dann kam es zum Finale. Gegen den Tabellenersten der Grundserie. Das Hockeyfieber brach aus.

Luleå verlor Spiel 1, gewann Spiel 2 und 3, verlor Spiel 4. Damit stand es unentschieden und alles war offen. Nur das Luleå keinen Heimvorteil hatte (den hat immer die besser platzierte Mannschaft der Grundserie) und nun zwingend noch ein Auswärtsspiel gewinnen musste. Was beim Hockey häufig schwieriger ist als zu Hause zu gewinnen. Aber Luleå war dieses Jahr wirklich sehr auswärtsstark und es gelang ihnen, das 5. Spiel zu gewinnen. Und ich muss sagen, die zwei Spiele die sie verloren haben haben sie knapp verloren, aber die Spiele die sie gewonnen haben, haben sie deutlich gewonnen. Ich habe mich mit Thorben bei den Heimspielen abgewechselt, mal bin ich mitgegangen, mal Thorben, er wollte und hatte keine Dauerkarte. Nun also hatte Luleå Matchball sozusagen. Das sechste Spiel war wieder ein Heimspiel. Und man hatte die Möglichkeit, das Gold zu Hause zu gewinnen, das wäre doch noch viel besser als nur zu gewinnen. Wir haben dann fieberhaft versucht fuer Thorben eine Karte zu bekommen aber es war aussichtslos. So er verfolgte das Spiel vor dem Fernsehr.

Und wir waren in der Arena, die Nerven bis zum Zerreissen gespannt. Natuerlich wollte der Gegner uns das Fest vermiesen, schliesslich hätte ein Verlust fuer sie das Aus bedeutet.

Es war mal wieder eine unbeschreibliche Stimmung in der Halle. Alle 6150 Zuschauer haben gestanden, niemanden hielt es auf den Stuehlen. Es wurde geklatscht, gesungen, angefeuert. Auch als die Manschaft zunächst in Unterlage geriet liess dies die Stimmung nicht einbrechen, im Gegenteil, nun wurde umso mehr angefeuert. Es war einfach ein unglaubliches Erlebnis. Und als Luleå dann Tor um Tor schoss (insgesamt 5) kochte die Halle. Es war eine unbeschreibliche Euphorie, je mehr Zeit verging umso greifbarer war das Gold. Der Gegner schaffte es dann noch, das 5:2 zu schiessen aber näher kamen sie nicht ran. Schon Sekunden vor dem Schlusspfiff sprangen Luleås Spieler aufs Eis und liessen ihren Emotionen freien Lauf, diese Freude, diese Erleichterung, man kann das gar nicht beschreiben. Es dauerte auch nicht lange bis die Fans das Eis stuermten. Darf man eigentlich nicht aber wen interessiert das? 29 Jahre warten waren endlich vorbei. Auch Sven ist mit runter aufs Eis, ich habe lieber von oben alles beobachtet.

Nun mag das fuer einen Ausenstehenden gar nicht so besonders klingen, ja, Luleå hat Gold gewonnen, und? Aber ganz so ist es eben hier nicht. Dieses Gold bedeutet so viel mehr. Stolz, Zusammenhalt, Identitet. Das kann man nur verstehen wenn man hier oben wohnt. Hier ist es schwieriger zu leben, alles ist teurer, weiter weg, es gibt kaum funktionierenden  öffentlichen Nahverkehr, vieles gibt es hier schichtweg auch gar nicht und oft werden wir hier im Norden von den Menschen im Sueden nur belächelt und man macht sich ueber uns lustig. So natuerlich auch im Hockey, dem Volkssport Nummer 1. Da nimmt man so eine „Provinzmannschaft“ oft eben auch nicht ernst. Und auch im Hockey ist es schwieriger, Luleå muss zum Beispiel zu nahezu allen Auswärtsspielen fliegen, während die Mannschaften in Suedschweden oft mit dem Bus fahren können. Dadurch hat Luleå wesentlich höhere Kosten und somit nicht so viel Geld uebrig um teure Spieler anzuheuern. Auch wollen viele nicht nach Luleå wegen der schon extremen Kälte und der Dunkelheit und den oft fehlenden Kulturangeboten.

Ja und deswegen war dieses Gold nicht nur der Gewinn der schwedischen Meisterschaft sondern auch der Gewinn von Luleå gegen den Rest von Schweden. Es war nicht nur ein Sieg auf dem Eis, es war ein Sieg der Menschen hier oben. Ein Sieg auf den viele soooo lange gewartet haben. Und dann darf man auch gewisse Einzelschicksale nicht vergessen, welche auch diesen Sieg zu einem ganz besondern machten. Z.B. Linus Omark. Er war 2022 so geknickt, hatte das Gefuehl die ganze Stadt enttäuscht zu haben. Nun konnte er es endlich wieder gutmachen, nur deshalb ist er nochmal zurueck nach Luleå gekommen (nachdem er 2023 erstmal wieder in die Schweiz ist). Oder unser Trainer, viel Kritik musste er in den letzten Jahren einstecken und nun endlich kam es noch, das Gold. Und: er hatte als Spieler damals das erste Gold fuer Luleå gewonnen und jetzt als Trainer. Oder alle die anderen Spieler die schon 2022 dabei waren und diesen bitteren Verlust noch nicht vergessen hatten. Oder die Spieler die schon super lange in der Mannschaft spielen, dieses Gold zu gewinnen, das war vielen in den letzten fast 30 Jahren nicht vergönnt. Ja, wie gesagt, die ganze Tragweite versteht vermutlich nur wer Teil des Spektakels ist und hier oben wohnt.

Nachdem man es dann nach einer Weile geschafft hatte, die Fans zumindest auf nur eine  Hälfte des Spielfeldes zu begrenzen gab es dann die Medallienzeremonie, der Pokal wurde entgegen genommen und massenweise Fotos gemacht. 

Während wir dann irgendwann heim gefahren sind ist ein Grossteil der Fans und der Mannschaft noch in die Stadt gegangen und haben dort so ziemlich die ganze Nacht gefeiert.

Am Samstag gab es dann die offizielle Feier am Suedhafen. Normalerweise wird im Stadtpark gefeiert aber da man mit 12.000 Menschen rechnete wäre der Park viel zu klein gewesen. Auch wir wollten bei der Feier dabei sein. Man versprach unter anderem Musik und Ansprachen und ich hoffte insgeheim, das Hooja auftreten wuerde. Deren Musik lief ja nun bei jedem Heimspiel in der Halle und die Fans haben auch eins von deren Liedern umgedichtet und das hat mittlerweile sowas wie Hymnenstatus und ich hatte schon gedacht das wäre doch was wenn sie beim 6. Spiel live auftreten wuerden. Haben sie aber nicht und so hoffte ich auf die offizielle Feier. Hooja, das versteht man wahrscheinlich auch nur wenn man hier oben wohnt. Sie beschreiben mit ihren Liedern eben oft genau den Unterschied zwischen dem Leben hier oben und dem Leben in Suedschweden, sprich der Grosstadt.

14 Uhr sollte es los gehen. Hm, aber wann muss man denn da vor Ort sein um einen guten Platz zu bekommen? Wir entschieden uns, 11.30 Uhr loszufahren. Als wir gegen 12 Uhr am Hafen vorbeifuhren war noch gar nichts los und so gingen wir erstmal in den Lidl einkaufen. Danach haben wir uns einen Parkplatz gesichert, sind noch kurz durch die Stadt gebummelt bevor wir uns auf den Weg zum Hafen machten. Ich wollte gerne einen guten Platz, wo man was sieht aber aufgrund meiner Platzangst auch gerne nicht mitten in der Menschenmenge. Als wir dort ankamen hatten wir quasi noch freie Auswahl und so stellten wir uns an den Rand wo es eine ca. 50cm hohe Betonmauer gab wo man sich draufstellen konnte, perfekt.

Thorben und Sven hatten, verständlicherweise, keine Lust jetzt hier 1,5h rumzustehen, zumal es auch nicht wirklich warm war, 8 Grad vielleicht. Daher sind sie nochmal in den Willys einkaufen gegangen während ich unseren Platz verteidigte. Sven und Thorben haben unterwegs sogar die Mannschaft getroffen und abgeklatscht und beglueckwuenscht.

Leif Erik und seine Freundin sind uebrigens erst 13.30 Uhr losgefahren, sie brauchten ja nur 5 Minuten. Sie konnten aber gleich wieder umkehren da es absolut keine Parkplätze mehr gab und so mussten sie einen Bekannten bestellen der sie abholt und hinfahren kann. Daher kamen sie erst kurz nach 14 Uhr an.

Je mehr Zeit verging je mehr fuellte sich der Platz. So viele Menschen. Mich wuerde mal interessieren wieviele es am Ende waren, es stehen so Zahlen zwischen 15.000 und 25.000 im Raum. Auf jeden Fall war der Platz am Hafen am Ende brechend voll.

14 Uhr ging es los, dann trat erstmal ein Kinderchor auf, dann die Vertreter der Politik die eine Ansprche gehalten haben. Danach kam erstmal die Damenmannschaft von Luleå Basket auf die Buehne, die hatten auch kuerzlich Gold gewonnen. Danach musste man nochmals das Gelaber der Politiker ertragen bis endlich endlich die Mannschaft auf die Buehne kam und die Menschenmasse explodierte. Wow, was fuer ein Gefuehl, was fuer ein Zusammenhalt, was fuer eine Freude. Als dann die Politiker wieder das Wort ergriffen gab es Buhrufe aus dem Publikum. Niemand will heute Politik hören. Ja, dann kam der erste Musikakt, Movits und Zacke. Also fragt mich nicht, angeblich international erfolgreich, in den USA, ueberall. Gut, deren Lieder habe ich auch manchmal in der Eishalle vernommen aber gut fand ich sie nicht. Ich wuesste auch gar nicht wie ich diese Musik beschreiben soll, ist das ueberhaupt ein Musikstil? Wir liessen es ueber uns ergehen, es gehörte halt dazu.

Danach kamen die Spieler nochmal zu Wort, auch der Trainer (ich glaub wirklich nuechtern war keiner von denen) und irgendwann flog dann auch noch ein Hubschrauber vom Militär ueber uns, mit Luleåflagge und in der offenen Tuer stahden zwei mit Luleåtrikot und weissen Jeans (die weissen Jeans sollen auch sowas wie eine Tradition sein aber wir haben jetzt  nicht extra welche gekauft. Nur Thorben hatte eine an, und zwar eine die Sven freuher an hatte als er noch jung war)

Und dann, plötzlich, sehe ich wie Hooja auf die Buehne geht. Ich war happy. Ich wollte sie schon immer mal Live sehen habe aber keine Lust diese Unmengen aan Geld fuer ein Konzertticket auszugeben, mal davon abgesehen das die warhscheinlich fast genauso begehrt sind wir die Eintrittskarten fuers Finale. Sie performten ein paar Lieder und die Stimmung war einfach nur grossartig, die ganze Menschenmasse huepfte und sang, auch die Spieler auf der Buehne. Fuer uns war der Auftritt von Hooja der krönende Abschluss der Veranstaltung, wir hatten nämlich fuer 16 Uhr einen Tisch im Restaurant gebucht. Und zwar noch bevor bekannt gegeben wurde wann die Feier stattfindet. Aber auch das war sehr schlau denn es gab keinen freien Platz mehr, im Gegenteil, die Leute standen draussen Schlange. Auch wir mussten uns schon zu fuenft an einem Tisch fuer 4 drängen da es beim Buchen schon keinen Tisch fuer mehr als 4 Personen mehr gab.

Ja, dieses Gold-ein historisches Ereignis. In 30 Jahren können wir darauf zurueckblicken und sagen: „wir waren dabei“ Und auch das es zu Hause gwonnen wurde war was ganz besonderes, 1996 wurde das Gold auswärts klar gemacht da waren natuerlich kaum Lulefans dabei. Nun hoffen wir, das es bis zum nächsten Gold nicht wieder 29 Jahre dauert und ich habe Thorben versprochen, das nächste Mal darf er meinen Platz beim entscheidenden Spiel bekommen. Wer weiss, vielleicht klappt es ja schon nächstes Jahr? 

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